Danach folgt oft Katzenjammer, weil zerschlagenes Porzellan mühsam wieder zugeklebt werden muss. Außerdem setzt die in nere Auf- ruhr jede Menge Stresshormone frei. Das Herz schlägt schneller, Blutdruck und Blutzuckerspiegel steigen. Eine archaische Reaktion des Körpers auf Bedrohung: Wir sind dadurch konzentrierter und können schneller reagieren. Wer allerdings dauerhaft in diesem Modus durchs Leben rennt, wird krank. Schlafstö- rungen, Verspannungen, Kopf- und Rückenschmerzen oder depressive Verstimmungen sind typische Fol- gen. Gelassene Menschen dagegen haben nachweislich ein stärkeres Immunsystem und weniger Risiko, an Depressionen zu erkranken. Geht‘s cool aus der Wiege? Wissenschaftlich gesehen lautet die Antwort „Jein“. Nur maximal 50 Pro- zent des Charakters gelten als gene- tisch festgelegt, die andere Hälfte wird durch eigene Erfahrungen ge - prägt. Und weil wir die ein ganzes Leben lang sammeln, halten wir den Schlüssel zu mehr Gelassen- heit selbst in der Hand. Ein positiver Denkstil scheint hier wichtig zu sein. Eine aktuelle, euro- paweite Studie des Leibniz-Insti- tuts für Resilienzforschung in Mainz zur Co- rona-Pandemie zeigt zum Beispiel: Menschen mit einer optimistischen Haltung oder dem Gefühl, sich auf die eigene Stärke verlassen zu kön- nen, kommen mit den Ängsten und Belastungen der Corona- Krise viel besser klar als andere. Ständig aufregen? Meine ganz persönliche Suche nach mehr innerer Ruhe bringt mich mit Coach Tina Eschle zusammen. In ihren Trainings spielen innere Ausgeglichenheit und souveränes Verhalten eine wichtige Rolle. Das hilft in allen Lebenslagen. „Stress ist normal und gehört zum Leben“, erklärt sie. „Aber wenn ich mich ständig über alles und jeden auf- rege, ist es schon gut, mal genauer hinzuschauen, was dahintersteckt.“ Denn ob man sich von seiner Um- gebung provozieren lasse, hänge weniger von anderen als von der eigenen Einstellung ab. Hilft Humor? Wer sich selbst und seine eigenen Stressmuster besser kennt, kann aufkeimenden Ärger früher spüren und lernen, bewusst gegenzusteu- ern. Zum Beispiel erst mal tief durch- atmen und sich Zeit für eine ruhige Reaktion nehmen. Auch hier hilft der Blick aufs Positive: „Geh davon aus – kein Mensch steht morgens auf und überlegt sich, was er heute tun kann, um dir das Leben so schwer wie mög lich zu ma- chen“, sagt Eschle. Gelassene TITEL 9 Tipps für Ruhe • Bewusst tief ein- und ausat- men: Die Bauchatmung flutet den Körper mit Sauerstoff, das entspannt und beruhigt. • Entspannungstechniken lernen: Autogenes Training, Meditation, progressive Mus- kelentspannung oder Yoga be- ruhigen. Es gibt viele Angebote auch als App oder Podcast. • Humor bewahren: Wer die lustigen Seiten von absurden Situationen sehen kann, statt sich zu ärgern, bleibt lockerer. • Verzeihen – sich selbst und anderen: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Und manchmal geht was schief. • Perfektion ist das Gegenteil von Gelassenheit. Wer Fehler nicht als Untergang, sondern als Chance sieht, ist ruhiger. • Akzeptieren, dass andere an- ders denken, handeln, fühlen ... • Schöne Momente sammeln und konservieren: Abends zum Beispiel drei Dinge aufschrei- ben, die tagsüber gut gelaufen sind. Das trainiert den Blick fürs Positive. • Not-to-do-Liste erstellen: Aufschreiben, was man nicht mehr möchte – und daran arbeiten. • To-do-Liste erstellen: 20 Dinge aufschreiben, die guttun und die Gelassenheit fördern – und sie dann umsetzen. >> tag 2/2021 5